Zeitlichkeitsbedingungen des sprachlichen Handelns

Die Art und Weise, wie wir Kommunikation organisieren und wie wir kommunikative Äußerun- gen sprachlich gestalten, ist ganz wesentlich von den Zeitlichkeitsbedingungen geprägt, unter denen Kommunikation stattfindet: In gesprochener Sprache sind Äußerungen flüchtig und irreversibel und die Gesprächsbeteiligten nehmen sich kontinuierlich in all ihren Verhaltensäußerungen wechselseitig wahr (Synchronisierung). Beim sprachlichen Handeln mit Texten hingegen wird die Flüchtigkeit der Sprachäußerung dadurch überwunden, dass Sprache unter Rückgriff auf ein Schriftsystem auf einem externen, flächigen Träger (Papyrus, Pergament, Papier, digitaler Träger) fixiert wird, auf dem alle Elemente der Äußerung simultan präsent zur Verfügung stehen. Solange sie nicht an die Rezipientïnnen herausgegeben werden, sind schriftliche Äußerungen zudem reversibel und können von der oder dem Schreibenden beliebig oft wiedergelesen, evaluiert und überarbeitet werden. Im Prozess des Lesens hingegen arbeiten die Leserin und der Leser mit dem Äußerungsprodukt; wie sie damit umgehen und welche Sinnzuschreibungen sie zum Text vornehmen, kann von der Verfasserin bzw. dem Verfasser bei der Planung und Gestaltung der Textäußerung zwar zu einem gewissen Grad antizipiert werden, entzieht sich jedoch seinem bzw. ihrem unmittelbaren Zugriff.

Im OER-Kurs werden ausgehend von philosophischen Konzeptionen von Zeit und Zeitlichkeit sowie anhand von Ausschnitten aus der linguistischen Diskussion um die Besonderheiten von gesprochener und geschriebener Sprache zunächst grundlegende Konzepte erarbeitet, die für die Klärung der Zeitlichkeitsbedingungen in mündlichen Gesprächen, in Prozessen der Textproduktion und beim sprachlichen Handeln mit Texten benötigt werden. Darauf aufbauend wird für ausgewählte Bereiche des sprachlichen Handelns herausgearbeitet, wie die Zeitlichkeitsbedingungen in konkreten Kommunikationssituationen die sprachliche Gestaltung kommunikativer Äußerungen beeinflussen. Die Grundlage für die Erarbeitung der Seminarinhalte bilden Konzepte der Zeitphilosophie, der Linguistischen Pragmatik, der Interaktionslinguistik, der Text- und Schriftlinguistik sowie der linguistischen Schreibforschung.

Der OER-Kurs greift Inhalte aus den folgenden OER-Kursen auf, die im Vorgängerprojekt digGer entwickelt wurden:

(1) Sprache in der internetbasierten Kommunikation

(2) Digital gestützte historische Medienlinguistik

(3) Schreiben in digitalen Räumen

Inhalte aus den genannten Kursen werden über neu zu erstellende „Brückenmaterialien“ zusammengeführt, zueinander in Beziehung gesetzt und im Hinblick auf die Kohärenz des neuen Kurses um zusätzliche Module sowie thematisch spezifische interaktive Aufgaben und Übungen erweitert.

Daneben sollen in den Modulen des Kurses thematische Vernetzungen mit Materialien aus den im hier beantragten Projekt zu entwickelnden Kursen der anderen beiden Projektstandorte hergestellt werden.

 

Konzeption und Leitung

Prof. Dr. Michael Beißwenger, Universität Duisburg-Essen

Sarah Steinsiek M.A. (wissenschaftliche Mitarbeiterin)

 

Ansprechpartner

Sarah Steinsiek